Diese Frage wurde gestellt während meines Aufenthaltes in Deutschland; übrigens von jemanden, der längere Zeit Urlaub hatte. Na gut, halt eben vor Corona Zeit. Jeder tut was er selber für richtig hält.
Die Frage hat mich lange beschäftigt. Wurde sie an mich gestellt? Indirekt? Ist das deutscher Gebrauch, um Fragen, die tabu oder als empfindlich gelten, indirekt zu stellen. Oder eben rhetorisch oder sogar als innerlicher Dialog an sich selbst.
Wie auch immer, diese Frage hat mich beschäftigt. So war ich doch in den Herbstferien mit meiner Tochter in den Schwarzwald gefahren. Schwarzwald? Ja, unsere zweite/dritte oder vierte Wahl. Hätte es keinen Corona gegeben, wären wir sowieso nach Italien geflogen; so wie fast jedes Jahr. Gutes Essen, Shoppen, italienische Sonne und lockere Umgebung, anderes Flair, andere Gemütlichkeit. Und vielleicht sogar aus Gewohnheit.
Italien fiel sowieso flach. In dem Moment gab es nur eine Möglichkeit: Deutschland. Natuerlich auch nicht schlimm. Da braucht man nur eine Grenze überqueren. Man ist schneller wieder zu Hause, sicher mit Auto. Nachteil: wir mussten einen Test machen. Dieser hatte Einfluss auf unsere Vorfreude. Machte es aber noch extra spannend: dürfen wir oder duerfen wir nicht? Haben wir Corona oder eben nicht. Die Koffer waren schon gepackt und kurz vor Mitternacht kam der alles ‚beslissende’ Mail: wir sind negativ getest. Wir dürfen fahren.
Froh wie kleine Kinder saßen wir am nächsten Morgen im Auto auf dem Wege nach eben diesem Schwarzwald. Das Gebiet kam auch nicht so aus dem Himmel fallen. Dieses Gebiet hat mein Dasein geprägt. Mit meiner Tochter wollte ich die schönen Stücke des Schwarzwaldes entdecken.
Da ich Goldschmiedin bin wollte ich mir das Uhrenmuseum in Furtwangen angucken, den größten Uhrträger in Triberg, die schönen Herbstfarben während des Wanderns, das Glottertal (Schwarzwaldklinik), das schöne Freiburg und als Abschluss – kers op de taart – Heidelberg. Genießen, shoppen und Wissen inhalieren.
Waren das die eigentlichen Motive und Hintergründe? Nein, absolut ein großes Nein.
Ich hatte Heimweh, dass so tief drinnen saß, dass es fast weh tat. Ich musste, wie auch immer, deutsche Luft schnuppern und mich am Deutschen Laben. Und auch Familie besuchen. Bin ich inzwischen Großtante geworden.
Das Gefühl des Heimwehs kenne ich sehr gut. Ich konnte es aber immer stillen. Mal kurz nach Kleve, um Fleisch für die Rinderrouladen zu kaufen, mal eben zu den Gräbern meiner Eltern, Freunde und Familie besuchen. Selbst auf niederländischem Boden konnte ich ihn stillen. Die Wandergruppe der deutschen Mädels, die deutschen Freundinnen treffen oder was organisieren für die LinkedIn Gruppe DeutschNederlanders, die ich gegründet habe.
ES GING ALLES nicht. Corona hat vieles nicht möglich sogar unmöglich gemacht. Aber das ist nur Eines.
Die andere Sache sind die Kulturunterschiede, dieich während der Corona Zeit verspüre und sehe. Ganz einfach: welche Maßnahmen nimmt man in den Niederlanden und welche in Deutschland. Ich guckte immer mehr deutsches TV oder guckte mir online die Zeitungen an.
Wie werden Berichte verfasst, was liest man und was wird in den Medien berichtet. Das ist nur das Bewusste und das Sichtbare. Mir geht es um das Unbewusste, zum Beispiel die Einstellung und die Gefühle, die Unruhe und Ängste bei mir auslösen.
In den Niederlanden merk ich, dass ‚gepolderd‘ wird: in der politischen Arena in NL werden Beschlüsse genommen durch Kompromisse zu schließen. Es wird zusammengearbeitet. Selbst in dieser Krisenzeit. Es wird geredet, viele Fachleute werden befragt und hinzugezogen, Abwägungen gemacht: Gesundheit oder Wirtschaft, im Parlament diskutiert.
Mein deutsches Zeitbewusstsein sagt: es dauert zu lange. Taten statt Worte. Was empfinde ich als Deutsche: Einer hat hier das Sagen: der Rest hört zu und Regeln werden eingehalten. Denn derjenige, der die Regeln gemacht hat, wird gründlich darüber nachgedacht haben. Das braucht der Rest nicht zu tun.
Ich empfinde die Niederlande im Augenblick ein ‚zooitje‘. Um zu sagen, dass jeder sein eigenes macht, ginge eigentlich zu weit. Viele Leute haben auch hier Angst und leben nach Regeln. Exzesse gibt es hier wie in Deutschland. Aber trotz alledem. Die Zahl der Corona Kranken und die der Toten steigt steiler als in Deutschland.
Geht es hier im Nationalstolz? Nein, keineswegs, es geht um meine eigene Sicherheit und das Gefühle der Sicherheit und des Geborgenseins.
Wie wohl und entspannt fühlte ich mich in Deutschland. Mundschutz auf Straßen und in Geschäften. Ich wurde daraufhin angesprochen, dass ich diese eben einen Moment nicht getragen habe. Irgendwoher kam jemand, um mich anzusprechen. Freundlich und direkt. Ich hatte in dem Moment ein Schuldgefühl. Fazit: das passiert mir nicht noch mal.
Ist mein Urlaub in dieser Zeit gerechtfertigt? Gibt es Gründe, um nicht zu fahren?
Im Gegenteil: so schnell wie möglich und noch viele Male.
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Mal was Lustiges zum Thema: https://www.metronieuws.nl/in-het-nieuws/opvallend/2020/11/duitse-helden-in-overheidsspotje/
Obwohl?
Vielen lieben Dank!
Hallo Margit, Danke dir!